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    Vertriebspotenziale in WfbM gezielt nutzen – Angebote schärfen und Kund*innen gewinnen

    Vertriebspotenziale in WfbM gezielt nutzen – Angebote schärfen und Kund*innen gewinnen
    Vertriebspotenziale in WfbM gezielt nutzen – Produkte und Kunden kennen
    6:25

    Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) haben einen doppelten Auftrag: Sie gestalten Teilhabe am Arbeitsleben und müssen sich gleichzeitig als wettbewerbsfähiger Partner für Industrie und Wirtschaft positionieren. Dafür braucht es eine durchdachte Vertriebsstrategie – nur wer die eigenen Produkte und Dienstleistungen genau kennt, den Markt im Blick hat und sein Angebot passgenau auf die Kund*innen aus Industrie- und Wirtschaft zuschneidet, ist auf Dauer erfolgreich. Wie Sie dabei am besten vorgehen, zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag.

    Produktanalyse

    Wann haben Sie Ihre Produkte und Dienstleistungen das letzte Mal genau unter die Lupe genommen? Die Vorteile einer Produktanalyse liegen auf der Hand: Wer weiß, was gut läuft und warum, kann Funktionierendes gezielt ausbauen, Schwachstellen identifizieren und Angebotslücken schließen. Als WfbM müssen dabei selbstverständlich immer auch die Fähigkeiten, Interessen und Förderziele der beschäftigten Menschen mit Behinderung mitgedacht werden. Ein gutes Produkt erfüllt sowohl wirtschaftliche als auch pädagogische Anforderungen.

    ABC-Analyse als Einstieg

    Ein bewährtes Instrument für eine erste Bestandsaufnahme ist die ABC-Analyse. Sie ordnet Ihre Produkte und Dienstleistungen (P+D) nach wirtschaftlicher Bedeutung:

    • A-Produkte: hoher Umsatz, hohe Relevanz
    • B-Produkte: mittlerer Umsatz, mittlere Relevanz
    • C-Produkte: niedriger Umsatz, geringe Relevanz

    Produktmerkmale

    In einem nächsten Schritt empfiehlt sich ein Blick auf die einzelnen Produktmerkmale. Leitfragen könnten hier sein:

    • Welche Produkte und Dienstleistungen (P+D) verursachen die meisten Kosten (getrennt nach Material-, Arbeits- und Gemeinkosten)?
    • Welche P+D binden die meisten Kapazitäten (hoher Aufwand/Materialeinsatz bei niedrigem Umsatz)?
    • Mit welchen Automatisierungspotenzialen lassen sich leistungsgeminderte Werkstatt-Beschäftigte einbinden und/oder Margen erhöhen?
    • Welche P+D sind für die beschäftigten Menschen mit Behinderung besonders interessant?
    • Lassen sich Fertigungsprozesse optimieren (Rüst- und Stückzeiten, Engpässe, Ausschussquoten, Produktionsstandardisierung)?

    Was macht der Wettbewerb?

    Weitere Erkenntnisse bietet ein Blick über den Tellerrand: Welche ähnlichen Produkte sind am Markt? Wie ist deren Preisniveau, Qualität und Lieferzeit? Wie flexibel reagieren andere Anbieter auf Kundenwünsche? Wer den Wettbewerb kennt, kann seine eigenen Alleinstellungsmerkmale (USP) gezielt herausarbeiten.

    Die Perspektive der Werkstatt-Beschäftigten und Kundenfeedback einbeziehen

    Für die Bewertung von Produkten und Dienstleistungen ist auch die Perspektive der Beschäftigten wichtig. Fragen Sie sich deshalb: Erfüllen die Produkte den Rehabilitationsauftrag, z. B. durch differenzierte Beschäftigungsmöglichkeiten? Sind sie zeitgemäß und orientieren sich an den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarkts? Bieten sie die Möglichkeit, berufsrelevante Qualifikationen zu erwerben?

    Kundenanalyse

    Der Erfolg einer Vertriebsstrategie basiert auf einer genauen Kenntnis der Zielgruppen: Wer sind Ihre Kund*innen? Welche Bedürfnisse haben sie und wie können Sie diese mit Ihren Produkten und Dienstleistungen erfüllen? Wie kann eine langfristige Kundenbindung und -zufriedenheit erreicht werden?

    Auch hier gibt die ABC-Analyse einen ersten Überblick: Welche Kund*innen haben die höchsten oder niedrigsten Margen? Welchen Anteil haben sie am Gesamterfolg?

    Weitere wichtige Informationen liefert eine Kundenbefragung. Diese kann in unterschiedlicher Form durchgeführt werden, z. B. telefonisch, online oder auch persönlich.

    Unser Tipp: Legen Sie vorab ein konkretes Ziel für die Befragung fest und gestalten Sie die Befragung möglichst kurz – mit einer klaren Struktur und präzisen Fragen. Damit erhöhen Sie die Teilnahmebereitschaft und erhalten relevante Ergebnisse.

    Mit den gewonnenen Informationen können Sie aktiv Verbesserungen angehen. Werden beispielsweise die Lieferzeiten als zu lang bewertet, sollten die internen Prozesse überprüft und optimiert werden. Bemängeln Kund*innen den Service oder die Kommunikation, können die Mitarbeiter*innen gezielt geschult und für das Thema sensibilisiert werden.

    Marktanalyse

    Kennen Sie Ihren Markt? Während sich die Kundenanalyse auf bestehende Geschäftsbeziehungen und interne Daten stützt, liefert die Marktanalyse passgenaue Informationen über den „anonymen“ Markt – also über potenzielle Kund*innen, Marktvolumen, Trends, Wettbewerber und strukturelle Rahmenbedingungen. Dieses Wissen versetzt Sie in die Lage, fundierte Entscheidungen zu treffen und sich strategisch am Markt aufstellen. Allerdings ist der Aufwand einer solchen Marktanalyse nicht zu unterschätzen: Sie erfordert Zeit und methodisches Know-how.

    Empfehlungen für die Umsetzung

    • Ziele definieren: Geht es Ihnen um die Erschließung neuer Märkte, die Aufdeckung von Nischen oder die Erfassung von Kundenbedürfnissen?
    • Zielgruppe festlegen: Welche Kund*innen möchten Sie ansprechen: B2B oder B2C? Privatkund*innen, öffentliche Träger, Unternehmen?
    • Markt segmentieren: Unterteilen Sie den Gesamtmarkt nach Branche, Standort oder Unternehmensgröße, um relevante Teilmärkte zu erfassen.
    • Datenquellen identifizieren: Primärdaten (z.B. durch eigene Erhebungen) bieten spezifische und aktuelle Informationen; Sekundärdaten (z. B. Marktstudien, Branchenberichte, Statistiken) sind schnell verfügbar und liefern wertvolle Einblicke.
    • Wettbewerbsanalyse durchführen: Identifizieren Sie zentrale Wettbewerber und analysieren Sie deren Stärken und Schwächen.
    • Daten sammeln, strukturieren und analysieren: Ziel ist es, Trends zu erkennen, Kundenbedürfnisse besser zu verstehen und das Bestellverhalten systematisch auszuwerten. Bewährte Methoden sind hier etwa die SWOT- und PESTEL-Analysen oder Benchmarking.

    Eine erfolgreiche Vertriebsstrategie basiert auf einer fundierten Kenntnis der eigenen Produkte, der Kund*innen und des Marktes. Dabei ist entscheidend: Produkt-, Kunden- und Marktanalysen sind keine einmaligen Aufgaben, sondern sollten regelmäßig aktualisiert und in den strategischen Prozess eingebunden werden. Nur so lassen sich Veränderungen frühzeitig erkennen und Angebote erfolgreich weiterentwickeln.

    Text: Annette Borgstedt
    Bild: © Shutterstock

    Birgitta Neumann

    Birgitta Neumann ist Partnerin und Mitglied der Geschäftsleitung von contec. Sie leitet den Geschäftsbereich Sozialwirtschaft und verantwortet damit die Beratung für Unternehmen der Eingliederungs- und der Kinder und Jugendhilfe. Birgitta Neumann ist unter anderem spezialisiert auf die strategische Neuausrichtung und Positionierung sozialer Einrichtungen im Wettbewerbsumfeld.